Statistik

Statistik kann als eine eigene Wissenschaft gesehen werden, die in vielen anderen Wissenschaften oder wissenschaftlichen Disziplinen als Hilfswissenschaft dient (ohne insgesamt eine zu sein), indem sie anwendungsreife Verfahren für die Datenauswertung entwickelt und bereit stellt.

Datenauswertungen spielen für die Physiotherapie in vielen Zusammenhängen eine wichtige Rolle. Nur beispielhaft seien für den physiotherapeutischen Alltag genannt:

  • die Erfassung und Darstellung physiotherapeutischer Leistungen innerhalb des betrieblichen Controllings, der Kosten- und Leistungsrechnung
  • die Dokumentation und Evaluation von Therapieergebnissen durch standardisierte Tests und Assessments, und deren Darstellung
  • die Darstellung von Forschungsergebnissen in Artikeln, zu deren Verständnis mithin ein Grundverständnis statistischer Konzepte unabdingbar ist, und ohne dies eine evidenzbasierte Praxis nicht möglich ist.

Und in der physiotherapeutischen Forschung:

  • in der Überprüfung der Wirksamkeit von Behandlungsmethoden
  • in der Optimierung von Behandlungsmethoden
  • in der Überprüfung der Zuverlässigkeit und Gültigkeit von Tests und Assessments zur Dokumentation und Evaluation
  • usw.

Die Methoden der Statistik werden grob unterschieden in die deskriptive (beschreibende) und die induktive (analytische, schließende, Inferenz-) Statistik.

Die deskriptive Statistik beschränkt sich auf die Aufbereitung und Darstellung von Daten vor allem mit Hilfe von Tabellen, Grafiken, Mittel- und Streuungswerten sowie durch die Berechnung von Zusammenhangsmaßen (Assoziationen, Korrelationen).

Die induktive Statistik benutzt Modelle der Wahrscheinlichkeitsrechnung, um von den Daten und Kennwerten (Mittel- und Streuungswerten) der Stichprobe auf die Kennwerte der Grundgesamtheit zu schließen (besser spricht man bei der Grundgesamtheit von "Parametern"). Techniken sind insbesondere die Durchführung von Signifikanztests und die Berechnung von Konfidenzintervallen (Test- und Schätzverfahren). Alle Ergebnisse der schließenden Statistik können aber deshalb auch wiederum nur Wahrscheinlichkeitsaussagen sein. Sie unterstützen damit Argumentationen und Überlegungen (auch und gerade im Clinical Reasoning), dürfen dieses aber niemals ersetzen.

Im Bereich der Medizin (und damit auch häufig in der physiotherapeutischen Forschung anwendbar) wurden eine Reihe von auf die Probleme und Erkenntnisinteressen der klinischen Forschung und insbesondere der Evidenzbasierten Praxis abstellende statistische Verfahren bzw. Kennwerte entwickelt, so z.B. die Number Needed to Treat, oder Koeffizienten der "Risikoreduktion". Sie sind hinsichtlich der klinischen Signifikanz von Studienergebnissen aussagefähiger als statistische Signifikanzen, die über p-Werte angegeben werden.

In den Rehabilitationswissenschaften und der physiotherapeutischen Forschung verwendete statistische Methoden stammen auch aus den Sozialwissenschaften und der Psychologie.

Literatur

  • Bortz J. (1999) "Statistik für Sozialwissenschaftler". Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg, New York
  • Domholdt E. (2000) "Physical Therapy Research. Principles and Applications". Verlag W.B. Saunders, Philadelphia, London, Toronto; Kap. 20-24
  • Munro B.H. (2001) "Statistical Methods for Health Care Research". Verlag Lippincott, Philadelphia, New York, Baltimore.
  • Sackett D.L., Richardson W.S., Rosenberg W., Haynes B.W. (1999) "Evidenzbasierte Medizin. EBM-Umsetzung und Vermittlung" Deutsche Ausgabe: Kunz R.,  Fritsche L. (Hrsg.), W. Zuckschwerdt Verlag; Bern, Wien, New York
  • Sim J., Reid N. (1999) "Statistical Inference by Confidence Intervals: Issues of Interpretation and Utilization". Physical Therapy, Vol. 79, Nr. 2, S. 186-195
  • Sterne J.A.C., Smith G.D. (2001) "Sifting the Evidence - what's wrong with significance tests?" Physical Therapy, Vol. 81, Nr. 8, S. 1464-1469
  • Stevens S.S. (1946) "On the theory of scales of measurements". Science, Vol 103, Nr. 2684, S. 677- 680
  • Schwarzer G., Bassler D. (2003). "Statistisches Handwerkszeug für Mediziner". In: Antes G., Bassler D., Forster J. (Hrsg.) "Evidenz-basierte Medizin. Praxis-Handbuch für Verständnis und Anwendung der EBM". Georg Thieme Verlag, Stuttgart, New York

 

siehe auch: absolute Risikoreduktion, Alpha-Fehler, Beta-Fehler, Epidemiologie, Evidenz, Evidenzbasierte Praxis, Grundgesamtheit, induktiv, Intention to treat analysis, Inzidenz, Korrelation, Meta-Analyse, Number Needed to Treat, p-Wert, Prävalenz, relative Risikoreduktion, Reliabilität, Sensitivität, Signifikanz, statistisch, Spezifität, Standardabweichung, Variable